Winterschnitt an Obstbäumen

Der praktische Gartentipp von Werner Reindl

„Winterschnitt an Obstbäumen“

Für den Gartler stellt sich jedes Jahr die Frage: Wann und wie soll er seine Obstbäume schneiden? Für Apfel, Birne und Quitte ist im Februar/März die richtige Zeit, um sich mit Schere und Säge an die Arbeit zu machen. Beim Steinobst empfiehlt sich abzuwarten, denn Zwetschge, Süß- und Sauerkirschen vertragen den Schnitt besser im Sommer, und zwar gleich nach der Ernte. Wer über viele Jahre hinweg gesunde Früchte ernten will, dem ist anzuraten, seine Obstbäume regelmäßig zu schneiden, andernfalls würden sie vorzeitig vergreisen. Vor dem Schnitt ist zu beachten, welche Funktionen Stamm, Äste und Zweige am Baum zu erfüllen haben. Mittelstamm und die drei Leitäste sollen nur statische Aufgaben übernehmen, sie müssen deshalb dick und kräftig sein, damit sich der Obstbaum auch starken Winden widersetzen kann. Im Gegensatz dazu sind viele Zweige notwendig, um Blüten und Früchte zu erzeugen, sie sollen dünn und kurz sein.
Wir widmen uns zuerst dem Kronenaufbau, der aus einer Stammverlängerung und drei gleichmäßig verteilten Leitästen bestehen soll. Die Leitäste lassen wir in einem Winkel von ca. 45 Grad nach oben wachsen. Um das Dickenwachstum zu fördern ist die Stammverlängerung einzukürzen. Die drei Leitäste werden auf gleicher Höhe (Saftwaage) ebenfalls zurückgeschnitten. Am Stamm und an den Leitästen lassen wir viele dünne Zweige stehen. Ihr Wuchs soll sich leicht schräg nach oben oder in die Waagerechte entwickeln können. Senkrecht stehende Zweige sind entweder waagerecht zu binden oder direkt am Ast abzuschneiden. In der Regel wird beim Rückschnitt auf ein nach oben oder schräg nach außen stehendes Auge (Knospe) zurückgeschnitten. Wir köpfen also nicht, sondern leiten ab, um das Wachstum in die von uns gewünschte Richtung zu lenken. Durch diese gezielten Schnittmaßnahmen fördern wir viele kleine Zweige, an denen sich später Fruchtknospen, Blüten und Früchte entwickeln können. Mit diesen Schnittmaßnahmen erreichen wir, dass Pilzkrankheiten weniger stark auftreten, weil Wind und Sonne das Blattwerk nach dem Regen schneller abtrocknen. Auch die Früchte sind schmackhafter, da der Reifeprozess durch Licht und Sonne gefördert wird.

Die Hutprobe

Wer nach getaner Arbeit seinen Obstbaum betrachtet, kann mit zwei einfachen Regeln sein Werk begutachten. Erstens wird geprüft, ob ausreichend Platz geschaffen wurde, um eine Leiter von drei Seiten her an den Stamm lehnen zu können. Dies ist sehr hilfreich bei der späteren Ernte. Als zweitens erfolgt die Hutprobe: Dabei wird versucht, einen Hut durch den ausgeschnittenen Baum zu werfen. Wenn beides funktioniert, kann sich der Hobbygartler zufrieden zurücklehnen und auf eine gute Ernte hoffen.
Für interessierte Gartler bieten die Gartenbauvereine und Volkshochschulen Obstbaum-Schnittkurse an. Der Besuch solcher Veranstaltungen und die eigene über Jahre gewonnene Erfahrung beim Baumschnitt sind die besten Voraussetzungen, um das richtige Schneiden von Obstbäumen zu lernen.


Ein fachmännisch geschnittener Zwetschgenbaum mit drei Leitästen während der Blüte.

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